Landwirtschaft auf neuen Wegen – ein Hof als Aktiengesellschaft

Gründe und Zielsetzungen für diese außergewöhnliche Rechtsform

Vom ersten Tag der Hofgründung an war es unser Ziel, die Landwirtschaft als gemeinschaftliche Aufgabe zu definieren und zu betreiben.

Zum einen, weil wir Landwirtschaft als gesamtgesellschaftliche Kulturaufgabe begreifen und zum anderen, weil eine einzelne Landwirtsfamilie völlig überfordert ist, wenn sie alle Forderungen nach einem umwelt- und tiergerechten Wirtschaften alleine zu tragen hat, wenn sie bei der langwierigen und risikoreichen Entwicklung einer an den Standort angepassten nachhaltigen Kreislaufwirtschaft alleine gelassen ist. Denn der wirtschaftliche Druck ist enorm und schnell gerät man ans Existenzminimum. In einer Gesellschaft, die überall Sicherheit, Verlässlichkeit und höchste Qualität – doch dies für den geringsten Preis – fordert, ist man stets gezwungen, sich vor allem am schnellen Gewinn und greifbaren Ergebnissen zu orientieren, will man als Bauernfamilie wenigstens etwas am gesellschaftlichen Leben teilhaben können.
Die ökologische Landwirtschaft in ihrer ursprünglichen Zielsetzung kennt keine schnellen Ergebnisse – sie braucht Zeit.

Diese Landwirtschaft, die wir als Hof am Weiher AG betreiben und zu entwickeln suchen, ist ein ganzheitliches Projekt, in dem wir bemüht sind, möglichst viele Aspekte des Lebens zu integrieren. Immer mit der Zielsetzung einer nachhaltigen Wirtschaftsweise. Der Verkauf und der Lebensmittelhandel stehen dabei ganz im Dienste dieser Zielsetzung, genauso wie die Rechtsform der Aktiengesellschaft.

Sie passt deshalb, weil viele, auch kleine Anteilseigner am Unternehmen beteiligt werden können, so wie wir viele Einzelpersonen brauchen, die unsere Erzeugnisse kaufen und verzehren. Ganz im Sinne der zu Anfang formulierten Zielsetzung, Landwirtschaft als gemeinschaftliche Aufgabe zu definieren, die, soll sie eine nachhaltige, solide Lebensgrundlage werden, auf vielen Schultern ruhen muss, weil sonst die kurzfristigen Interessen Einzelner, wie z.B. innerhalb eines Familienbetriebes, einer GbR oder GmbH, die Zielsetzung einer umfassend nachhaltigen, ökologischen Kreislaufwirtschaft gefährden.

Die AG-Struktur nutzen wir also für einen ganz neuen Ansatz in der Landwirtschaft. Nicht der bäuerliche Familienbetrieb sichert die Zukunft unserer Landwirtschaft, sondern jeder einzelne Mensch, der unsere Arbeitsweise richtig und wichtig findet, kann diesen Hof durch das Zeichnen von Aktienanteilen mit tragen.

Ausdrücklich verfolgen wir dabei das Ziel, dass der Hof im Besitz vieler bleibt und nicht von wenigen großen Anteilseignern dominiert wird. Die in der Satzung verankerte Vergabe von Namensaktien versetzt dabei den Aufsichtsrat in die Lage, dies zu kontrollieren und eine ungewollte Dominanz einzelner zu verhindern.

Möglicher Einwurf: Der Staat fördert doch schon durch seine Subventionen die Landwirtschaft und ganz besonders die ökologische Landwirtschaft – warum also sollte ich mich noch weiter finanziell engagieren?
Dies ist zwar in gewisser Weise richtig, doch das Gießkannenprinzip, mit dem diese Gelder gewährt werden, wirkt vor allem preissenkend, taugt aber nicht als Förderung einer Landwirtschaft, wie wir sie verstehen. Unsere Ziele innerhalb der Ökoproduktion erfordern weitergehendes Handeln.
Wir sehen unser Unternehmen als Pionier für eine besonders nachhaltige, regional angepasste ökologische Wirtschaftsweise, bei der Fruchtfolge, Vielfalt und eine artgerechte, standortgemäße Tierhaltung in einer festen Beziehung zueinander stehen. Ein Unternehmen, das eine mittlere Technologie anstrebt und bei dem der finanzielle Gewinn nicht Ziel, sondern notwendiges Mittel  zum Zweck ist.

Dieses Ziel – das Verstehen und Erhalten der Schöpfung – kann ein Einzelner nicht erreichen. Die AG ist dafür unsere Struktur der Wahl, auch wenn sie üblicherweise eher mit Gewinnmaximierung in Verbindung gebracht wird.

Albessen, den 2. Mai 2013
Kornelius Burgdörfer-Bensel